Thibaut ist ein jüngerer Dirigent im klassischen Musikbereich und international bestens unterwegs. Er hat eine sympathische, unaufgeregt-dynamische Ausstrahlung. Also ein vom Glück umschmeichelter Künstler? Es macht nach wenigen Minuten den Anschein, wenn man dem charismatischen Hauptcharakter im überraschenden Sozial- und Familiendrama «En Fanfare» von Regisseur Emmanuel Courcol zusieht.
Doch flugs ziehen Wolken auf. Thibaut kollabiert bei der Arbeit, wird mit einer fatalen Diagnose konfrontiert: Leukämie. Eine Knochenmark-Transplantation wird angeraten, die Lage ist ernst. Es gilt umgehend einen Spender, eine Spenderin zu finden, idealerweise im familiären Umfeld. Als das nicht klappt, werden die Recherchen ausgeweitet. Dann findet sich ein etwas jüngerer Mann, Jimmy. Er ist DNA-mässig für die Hilfeleistung geeignet und das überraschende «Warum» wird bei einer persönlichen Begegnung klar: Thibaut und Jimmy sind Brüder, wurden als Kleinkinder zur Adoption freigegeben und hatten keine Ahnung voneinander.
Das ist die Initialzündung für ein tragikomisches, facettenreiches Drama. Im Kern berichtet «En Fanfare» von einer verwundbaren, wunderlichen, wunderbaren Freundschaft. Und streift auch die aktuell labile sozialpolitische Befindlichkeit in Frankreich.
Zwei sehr unterschiedliche Milieus
Thibaut und Jimmy lebten vor ihrer schicksalhaften Begegnung in völlig unterschiedlichen Milieus. Der Dirigent wohlsituiert im Raum Paris, Jimmy bei der herzguten Pflegemutter in kargen Verhältnissen in Nordfrankreich. Bei ersten Treffen erweist sich, dass die zwei einiges eint: Beide sind sehr musikaffin. Thibaut hochprofessionell im Frack, mit Taktstock, oft unterwegs mit einem Orchester. Jimmy, der karg entlöhnte Kantinenkoch in einer Fabrik in der Provinz, spielt als talentierter Freizeit-Posaunist in der flotten Brassband «Union Musicale des Mineurs de Walincourt».